Samstag, 24. Januar 2009
 
Serbien muss sterbien PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Viktor Englisch, akin   
Montag, 28. April 2008

Viktor Englisch hält die Auslegung der UN-Resolution 1244 für sehr phantasievoll.

Die Kosovo-Serben dürfen am 11. Mai nicht wie die Serben im Norden des Landes ihre Gemeinderäte wählen. Ihnen wird auch das Recht versagt, ihre parlamentarischen Vertreter in Belgrad zu wählen. Verstoß gegen UN-Resolution 1244, sagt die UNMIK, die UNO-"Schutztruppe" im Kosovo. Die serbische Eisenbahn darf keine Eisenbahnlinie nach Mitrovica, der größten serbischen Siedlung in der serbischen Provinz Kosovo führen. Verstoß gegen UN-Resolution 1244, sagt die UNMIK. Die Kosovo-Serben dürfen keine eigene Polizeitruppe in den serbischen Dörfern und Städten der serbischen Provinz Kosovo aufstellen. Verstoß gegen UN-Resolution 1244, sagt die UNMIK. Serbische Justizbeamte, Staatsanwälte, Richter, dürfen auch in Gerichten in serbischen Städten und Dörfern der serbischen Provinz Kosovo keinen Dienst tun. Verstoß gegen UN-Resolution 1244, sagt die UNMIK. Ein serbischer Minister darf keine serbischen Dörfer in der serbischen Provinz Kosovo besuchen. Verstoß gegen UN-Resolution 1244, sagt die UNMIK.

Eine Liste, die sich endlos lange fortsetzen ließe. An sich belanglos, wäre dieses Vorgehen nicht exemplarisch dafür, wie sehr das Prinzip "Gleiches Recht für alle", ein sinnvolles und fundamentales Prinzip des Völkerrechts, ausgehöhlt worden ist. Heute gilt das Recht des Stärkeren. Gleich, was in einer UNO-Resolution steht. Die Resolution 1244 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1999 regelt die Stationierung internationaler Truppen, um die albanische Minderheit im Kosovo zu schützen. Das harte, menschenrechtswidrige und gewaltsame Vorgehen der serbischen Staatsgewalt gegen gewaltsame separatistische Bewegungen der Albaner hatte das notwendig gemacht. (Die Diskussion, dass einseitige Medienberichterstattung einen bevorstehenden Genozid an Kosovo-Albanern erfand, will ich hier nicht beginnen. Das würde zu weit führen, auch wenn es stimmt). Der UN-Resolution hat 1999 auch die serbische Regierung zugestimmt. Sie besagt, dass bis auf Widerruf die UNMIK die Verwaltung über die Provinz übernimmt. Ihre Aufgabe ist der Schutz der Menschen im Kosovo - und die territoriale Unversehrtheit Jugoslawiens und damit Serbiens als seinem Rechtsnachfolger sicherzustellen. Die UNMIK hat also auch die Aufgabe, eine Abspaltung des Kosovo zu verhindern und serbische Gesetze im Kosovo durchzusetzen.

Keiner der Aufgaben ist die UNMIK nachgekommen. Unter ihrer Aufsicht haben Kosovo-Albaner 230.000 Serben und Roma aus dem Kosovo vertrieben. Unter ihrer Aufsicht sind 3.000 Menschen, fast ausschließlich Serben und Roma, Opfer ethnischen Terrors geworden. Unter ihrer Aufsicht haben Mafia-Clans, die sich direkt aus der UCK heraus entwickelt haben, ein beispielloses kriminelles Netzwerk im Kosovo aufgebaut. Der Kosovo ist der Hauptstützpunkt für den Heroinhandel nach Europa geworden. Der Frauenhandel nach Europa ist heute zu einem erheblichen Teil in kosovo-albanischer Hand. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Unter Aufsicht der UNMIK haben ehemalige UCK-Kämpfer Menschen eingeschüchtert und umgebracht, die die Kriegsverbrechen ehemaliger UCK-Kommandanten hätten bezeugen sollen. Mit dem Erfolg, dass ein ehemaliger UCK-Kämpfer beim Kriegsverbrechertribunal in Den Haag freigesprochen wurde - obwohl selbst das Gericht zugeben musste, dass die Zeugen eingeschüchtert waren. Auf die "objektive" Beweiswürdigung hatte das keinen Einfluss. Unter der Aufsicht der UNMIK hat der Kosovo seine völkerrechtswidrige Unabhängigkeit ausgerufen.

Aber wehe, Serben und Roma wollen Minimalrechte im eigenen Land - siehe oben. Hätte die UNMIK die gleichen Maßstäbe an Albaner angelegt wie an Serben, hätte sie notfalls gewaltsam verhindern müssen, dass das kosovo-albanische Parlament zusammentritt, um die Unabhängigkeit auszurufen. Zumindest hätte sie die Parlamentarier, die das taten, festnehmen müssen. Es ist die verbriefte Aufgabe der UNMIK nach UN-Resolution 1244, die territoriale Unabhängigkeit Serbiens aufrechtzuerhalten. Darum darf sie überhaupt dort sein. Aber nicht einmal ein Pieps war zu hören.

Nur, das Verhalten der UNMIK überrascht nicht. Sie war von Beginn an Instrument imperialistischer Interessen, vor allem der Amerikaner. Die USA haben ein Interesse, am Balkan Verbündete zu haben, die nach ihrer Pfeife tanzen. Das tun die Kroaten, aber die Albaner tun es noch besser. Siehe etwa den begeisterten Empfang für US-Präsident George W. Bush in Albanien. Vor allem die Haltung seiner Regierung in der Kosovo-Frage hatte diese Begeisterung entstehen lassen. Gemeinsam mit der EU haben die USA ein zweites, vitales, Interesse an einem unabhängigen Kosovo und einem möglichst schwachen Serbien: Das ist der Schlussstein im Zerfall Jugoslawiens. Der Zerfall der ehemals mächtigen sozialistischen Republik war aus kapitalistischer Sicht überfällig. Nur so konnte man auch den letzten Rest Sozialismus zu Grabe tragen. Nur so konnte man leicht Märkte erobern, ohne das Blut der eigenen Arbeiter vergießen zu müssen oder das Gehirn der eigenen Diplomaten zu sehr anstrengen zu müssen. Vor allem, ohne Zugeständnisse machen zu müssen. Serbien, das nach dem Bürgerkrieg eine Annäherung an Russland gesucht hatte, war da trotz weitgehender Öffnung für den Kapitalismus das letzte Hindernis. Die Aufbauhilfe, die der Westen im ehemaligen Jugoslawien leistet, kommt fast 1:1 westlichen Firmen zugute, die die Straßen und Brücken bauen, die mit dem Geld finanziert werden. Sofern es nicht in den Taschen korrupter Politiker verschwindet.

Genau diese Politik hat die UNMIK gewissenhaft exekutiert. Sie war treuer Schoßhund ihres Herrn. Dass ein gewisser Schuss "Serbien muss sterbien"-Mentalität in den westlichen Ländern herrscht (woran die serbischen Regierungen der vergangenen zwei Jahrzehnte nicht unschuldig sind) hat es ihr leichter gemacht, im Kosovo zu schalten und zu walten, wie es ihr beliebt. Ihre eigentlichen Vorhaben hat sie penibel umgesetzt. Ihre Vorgaben auf dem Papier hat sie nicht einmal als unverbindliche Empfehlung betrachtet und jede von ihnen verletzt. Und nimmt man dieses Papier, immerhin eine Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, als Rechtfertigung für die Anwesenheit der UNMIK, hat sie jedes Recht verspielt, sich in Serbien aufzuhalten. Sie sollte das Land besser heute als morgen verlassen. Ihr Aufenthalt verstößt gegen UN-Resolution 1244. Sagt die Resolution.

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